In vielen anderen Kulturen wird mit dem Tod und der Trauer anders umgegangen, als bei uns. Vor allem die hinduistische Religion, die in Indien gelebt wird, beinhaltet bestimmte Riten und Vorstellungen, die sich nicht mit unserer christlichen Kultur decken. Wir möchten Ihnen zeigen, wie die Hindus mit dem Thema Tod und Trauer umgehen um so zeigen, wie andere Menschen diese schwere Zeit betrachten und verstehen. Einigen wird dieser andere Umgang als sehr fremd und merkwürdig erscheinen, anderen wird er vielleicht helfen, die eigene Trauer zu reflektieren.

Der Tod im Hinduismus

Karma steht im Fokus

In der Religion des Hinduismus, der viele Inder angehören, wird der Mensch und damit der Tod anders betrachtet, als bei uns. Der Mensch besteht dort aus fünf Elementen, nämlich Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum. Das sogenannte Karma hat im Hinduismus eine wichtige Bedeutung. Es steht für die Taten eines jeden Menschen, sowohl positive, als auch negative. Das Karma eines Hindus entscheidet darüber, in welcher Gestalt er nach seinem Tod wiedergeboren wird. Es hilft dabei, den Kreislauf des Lebens und des Todes zu durchbrechen. Je mehr positive Taten ein Hindu in seinem Leben verrichtet hat, desto eher besteht die Chance, dass er im Brahmanen-Nirwana wiedergeboren wird. Dieses Nirwana ist also das Ziel eines jeden Hindus, denn es steht für das Eins werden mit Ewigem und Absolutem.

Wiedergeburt und Atman

Jedes Lebewesen hat im Hinduismus eine unsterbliche Seele, die als Atman bezeichnet wird. Daher glauben die Hindus auch an die Wiedergeburt: denn die Seele kann niemals sterben, nur der Körper vergeht. Atman ist so gesehen ein Körper innerhalb des realen Körpers eines Lebewesens und besteht aus Gedanken und Gefühlen. Damit Atman, die Seele, sich nach dem Tod entfalten kann, wird der Schädel des Leichnams zerschlagen und der Leichnam verbrannt. Die Hindus glauben, dass sich ihre Seele nur so zu einer Wiedergeburt befreien kann. Wenn Atman sich entfaltet, kann sie zu Brahman, also in das höchste der Nirwanas einkehren.

Zeremonien und Rituale

Je nach Region, Kaste und Status der Hindus werden andere Todes- und Bestattungszeremonien durchgeführt. Zwar ist das Kastensystem offiziell in Indien verboten, inoffiziell existiert das Kastendenken aber in vielen Köpfen weiterhin.

Reinigung des Leichnams

Die Sterbenden werden laut Hinduismus mit dem Kopf gen Süden gelegt, da der Totengott Yama dort vermutet wird. Des Weiteren ist die Reinigung des Körpers der toten Person wichtig. Denn diese stellt gleichzeitig auch die Reinigung der Seele dar.

Dafür wird der Leichnam in der Regel auf einen Stuhl gesetzt und mit fliessendem Wasser gewaschen. Er wird in nasse Tücher gehüllt, die vorher in heiligem Wasser (z.B. aus einem heiligen Fluss) getränkt wurden. Der Leichnam wird mit den Füssen voraus aus dem Haus getragen, niemals mit dem Kopf. Auch dies hat religiöse Gründe.

Die Verbrennungszeremonie

Die verstorbene Person wird direkt an ihrem Todestag verbannt. Die Verbrennung ist ein sehr wichtige Ritual in den Augen der Hindus. Sie findet öffentlich als eine Zeremonie statt, bei der die Angehörigen fünf Mal den Leichnam umkreisen, bevor er verbrannt wird. Die fünf steht hier wieder für die fünf Elemente, aus denen der Mensch besteht. Nicht jedes Lebewesen wird verbrannt. Kinder, Leprakranke oder sogenannte Sadhus (hinduistische Mönche) werden nicht verbrannt, sondern im Ganges versenkt.

Der erstgeborene Sohn entzündet normalerweise das erste Feuer der Verbrennungszeremonie. Dabei stehen die Frauen am Fussende und die Männer am Kopfende des Leichnams. Das Feuer wird aus einem heiligen Tempel geholt. Nachdem das erste Feuer entzündet wurde, wird der Kopf des Leichnams zerschlagen, damit Atman freigesetzt werden kann (s.o.). Dies mag in unseren Augen sehr brutal klingen, ist aber unter den religiösen Aspekten des Hinduismus zu sehen.

Die Übergabe der Asche

Die Asche von Verstorbenen wird schon seit Jahrhunderten an die Natur übergeben. Normalerweise wird sie nach drei Tagen in heiliges Gewässer gestreut. Dies ist in der Regel der Ganges, der heiligste Fluss Indiens. Ist dies nicht möglich, wird die Asche in einen anderen heiligen Fluss oder ein heiliges Meer gestreut. Sie kann auch in der Erde beigesetzt werden, da die Erde ja ebenfalls eines der fünf Elemente ist.

Tod als Befreiung

Der Tod ist im Hinduismus nicht als etwas Schreckliches oder Negatives angesehen, sondern steht für Befreiung und für den Übergang von einer alten in eine neue Existenz. Er ist den Hindus allgegenwärtig und vertraut und wird nicht tabuisiert, wie es oft in westlichen Kulturen der Fall ist.

Die Trauer im Hinduismus

Auch die Hindus trauern, wenn ein geliebter Mensch verstorben ist. Als Zeichen der Trauer werden zum Beispiel Kerzen in fliessende Gewässer gesetzt, um so an die Verstorbenen zu gedenken.

Die Köpfe der Söhne von Verstorbenen werden im Zeichen der Trauer rasiert. Zudem kleidet sich die Familie nach einem Todesfall in weisser Kleidung zum Ausdruck ihrer Trauer.

Es werden Opfergaben (z.B. in Form von Essen) an jedem Todestag vollbracht. Diese werden meist vor einen kleinen, privaten Altar gelegt oder aber in einem Tempel niedergelegt. Dieses Ritual wird auch als Shaddra bezeichnet. Es darf nur von Männern umgesetzt werden und trägt zur Vermehrung ihres Karmas bei.