Der Tod eines geliebten Menschen ist immer schrecklich, doch wenn es das eigene Kind oder der Bruder/ die Schwester war, ist es für die Eltern sowie Geschwisterkinder besonders schlimm. Gerade dann, wenn ein noch sehr junges Kind von uns geht, empfinden wir dies als besonders ungerecht und können nicht verstehen, warum so etwas überhaupt passieren kann.

Wenn das Geschwisterkind plötzlich alleine mit den Eltern ist, wo vorher noch ein Bruder oder eine Schwester war, ist auf einmal alles anders. Vorher eine Einheit, fehlt nun eine wichtige Person und es entsteht eine große Lücke in der Familie. Kinder müssen in dieser Phase besonders behandelt und unterstützt werden, denn häufig verstehen sie, vor allem im sehr jungen Alter, nicht sofort, warum das Geschwisterkind nun nicht mehr da ist.

Es ist schwierig, Tipps für solch einen Fall zu geben, dann natürlich ist jede Familie und jeder Todesfall individuell und jeder Mensch geht anders mit dem Tod und seiner Trauer um. Dies betrifft die Eltern, genauso wie das Geschwisterkind, das überbleibt. Und doch gibt es ein paar Ratschläge von Psychologen, die den Eltern zumindest eine Handreichung sein können, wenn sie nicht mehr weiterwissen, wie sie nun mit dem Geschwisterkind umgehen sollen.

Dem Kind die Schuldgefühle nehmen

Häufig denken vor allem kleine Kinder, dass sie Schuld an dem Tod ihres Geschwisterchens haben könnten, weil sie vorher gemein waren oder es geärgert haben. Gerade dann, wenn die Beziehung zwischen den beiden Geschwistern nicht immer harmonisch war und es oft Streit gab, reden sich kleine Kinder ein, dass der Bruder oder die Schwester nun weg ist, weil sie immer so böse zu ihm oder ihr waren. Daher ist es wichtig, dem Kind von Anfang an die Schuldgefühle zu nehmen und ihm zu erklären, dass es nichts mit dem Tod des Kindes zu tun hat.

Überaufmerksamkeit für das Kind möglichst vermeiden

Es ist natürlich sehr schwierig, nach dem Tod eines Kindes, das vielleicht sogar an einem Unfall gestorben ist, nicht übervorsichtig bei dem anderen Kind zu sein. Man möchte um alles in der Welt nicht, dass diesem Kind auch noch etwas zustößt. Doch extreme Überaufmerksamkeit und Vorsicht kann das übergebliebene Kind erdrücken und es psychisch stressen.

Zudem könnte es das Gefühl erhalten, es müsse nun stark für die Eltern sein, da diese immer traurig sind und sich an das Kind klammern. Eine verdrehte Beziehung kann dadurch zustande kommen: plötzlich ist das Kind nicht mehr Kind, sondern muss sich um die Eltern kümmern. Dies ist für die Entwicklung des Kindes sehr problematisch, in dieser ohnehin schon sehr schwierigen Situation.

Offen mit dem Kind sprechen

Auch wenn es schwerfällt, über die Trauer und den Verlust zu sprechen, hilft immer, egal ob mit dem Kind oder mit anderen Personen. Es ist wichtig, auch wenn das Kind noch sehr klein ist, zu erklären, was passiert ist. Umschreibungen wie «dein Bruder schläft für immer» sind problematisch, da das Kind dies eventuell nicht versteht und diese Erklärung ihm nicht weiterhilft bei der Trauerbewältigung. Daher sollten die Eltern möglichst ehrlich sein, natürlich auf schonende Art und Weise, aber das Kind muss verstehen, was passiert ist. Auch sollten die Eltern das Kind nach seinen Gefühlen fragen. Oftmals hilft es, vor dem Schlafengehen oder bei einem ruhigen Spaziergang dem Kind offene Fragen wie «wie fühlst du dich?» zu stellen.

Abschied nehmen

Auch wenn das verstorbene Kind für immer in der Erinnerung der Eltern und des Geschwisterkindes bleiben wird, so ist es doch wichtig, irgendwann Abschied zu nehmen und so gut es geht weiterzuleben. Natürlich ist dies ein sehr schwerer Prozess und kann lange Zeit beanspruchen. Damit ist auch nicht gemeint, dass das Kind vergessen werden oder gar nie wieder darüber gesprochen werden soll. Verdrängung hilft nicht weiter, sondern schadet Eltern wie Kind nur.

Doch darf das verstorbene Kind nicht allzeit Thema in der Familie sein, da so keine wirkliche Trauerbewältigung stattfindet. Zudem könnte das übergebliebene Kind den Eindruck erhalten, dass es besser wäre, wenn es auch nicht mehr da wäre. Wenn die Eltern immer traurig sind und von dem anderen Kind sprechen, fühlt sich das Geschwisterkind fehl am Platz und als würde es die Eltern nicht glücklich machen können.

Externe Hilfe suchen

Wenn es den Eltern in dieser schwierigen Zeit schwerfällt, das Geschwisterkind zu trösten und ausreichend genug für das Kind da zu sein, kann externe Hilfe durchaus sinnvoll sein. Oftmals fehlt durch die eigene Trauer einfach die Kraft, um sich genug mit dem Kind und dessen Problemen und Trauer auseinanderzusetzen. Es kann sein, dass die Eltern gar keine Warnsignale des Kindes wahrnehmen, da sie zu sehr mit ihrer eigenen Trauer beschäftigt sind, was auch völlig normal ist.

Es gibt Trauergruppen in vielen Orten, gerade auch speziell für Geschwisterkinder. Dort können Kinder miteinander sprechen, die ihren Bruder oder ihre Schwester verloren haben und füreinander da sein. Zudem kann auch eine psychologische Betreuung sinnvoll sein, wenn die Eltern nicht mehr weiterwissen.

Vor allem dann, wenn das Kind sich sehr anders verhält, als vor dem Verlust, und es plötzlich aggressiv oder lustlos ist oder andere Warnsignale deutlich werden, ist eine psychologische Begleitung sehr wichtig.

Rituale helfen bei der Trauerbewältigung

Es ist oft sehr hilfreich, das verstorbene Kind symbolisch in Erinnerung zu behalten. Ein gemeinsamer Brief an das Kind, ein Lied für das Kind oder aber auch das jährliche Feiern des Geburtstages des verstorbenen Kindes können der Familie beim Verarbeiten der Trauer helfen. Rituale trösten uns und helfen uns, uns von dem geliebten Kind zu verabschieden, es aber trotzdem immer in Erinnerung zu behalten. Dies kann durch das regelmässige Fahren an das Grab ebenso wie durch das Besuchen des Lieblingsortes des verstorbenen Kindes umgesetzt werden.

Das Kind muss entscheiden dürfen, was es sagen möchte

Wenn das Kind im Kindergarten oder der Schule ist, werden die Mitschüler oder Kameraden sowie Lehrer höchstwahrscheinlich von dem Verlust des Geschwisterchens erfahren. Es kann hilfreich sein, wenn die Eltern vorher mit dem Kind zusammen zu den Lehrern oder Erziehern gehen, und diese über den Trauerfall aufklären. Wichtig ist, dass das Kind selber entscheidet, was es erzählen kann und möchte und was nicht. Auf gar keinen Fall sollte es zum Lügen gegenüber Mitschülern oder Lehrern gedrängt werden, nur, weil die Eltern nicht möchten, dass jemand etwas erfährt. Die Eltern sollten ihr Kind selber entscheiden lassen, was es erzählen will. Denn auch das Sprechen mit den Mitschülern kann dem Kind bei der Trauerbewältigung helfen.

Zudem können Mitschüler sowie Lehrer besser verstehen, warum sich das Kind plötzlich anders verhält, als vorher. Lehrer oder Erzieher können den Eltern ausserdem bei Kenntnis des Trauerfalls Bescheid geben, wenn sich das Kind problematisch oder sehr anders verhält.

Das Leben wird weitergehen, auch wenn nichts mehr wie vorher ist

Natürlich gibt es keine generelle Anleitung, wie die Eltern in solch einer schweren Situation mit dem Geschwisterkind umgehen müssen. Dies hängt immer vom individuellen Fall und der individuellen Trauer, sowohl der Eltern, als auch der des Kindes, ab. Wichtig ist, dass die Familie füreinander da ist, die Eltern für ihr Kind, und das Kind für die Eltern. Weitere Verwandte und Freunde sind sicherlich auch ein guter Trost und eine grosse Unterstützung, wenn die Eltern nicht mehr weiterwissen.

Die Lücke, die durch das verstorbene Kind entstanden ist, wird für immer bleiben und das Familiengefüge wird nie wieder so sein wie vorher.
Doch das andere Kind ist da, und auch dieses Kind hat ein Recht, weiterzuleben und glücklich zu werden.